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Bayerns FFP2-Pflicht: Kritiker sagen, teure Masken belasten die Armen

Nov 28, 2023Nov 28, 2023

Eine FFP2-Gesichtsmaske:Man geht davon aus, dass sie besser vor dem Coronavirus schützen als selbstgemachte Stoffbezüge.

Friso Gentsch / dpa

Ein Jahr nach Beginn der globalen Pandemie sind Gesichtsmasken in vielen Ländern zu einem normalen, alltäglichen Teil unseres Lebens geworden. Doch ein Bundesland in Deutschland hat entschieden, dass die im Land am häufigsten verwendeten chirurgischen oder selbstgemachten Stoffmasken nicht mehr ausreichen.

Um das Infektionsrisiko zu verringern, verlangt das Land Bayern ab Montag, dass Menschen beim Betreten von Geschäften oder bei der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel höherwertige FFP2-Mundschutzmasken tragen müssen. Es gibt nur einen Haken: Diese Masken sind vergleichsweise teuer. Und die bayerische Landesregierung bereitet offenbar eine Reaktion auf Forderungen vor, Geringverdienern finanzielle Unterstützung zu gewähren, um die Beschaffung von FFP2-Masken zu ermöglichen.

Nachdem Bayerns Landeshauptmann Markus Söder am Dienstag die neue Maskenregel verkündete, löste seine Entscheidung in den sozialen Medien einen Blitzableiter aus. Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Sven Lehmann erklärte auf Twitter, dass die neue Regelung durch ein Programm mit kostenlosen FFP2-Masken flankiert werden müsse – zumindest für diejenigen, die sich diese sonst nicht leisten könnten.

Auch einige Virologen kritisierten die bayerische FFP2-Pflicht, betonten aber zugleich die Vorteile der Masken. „Grundsätzlich halte ich das für eine gute Idee“, sagte Jonas Schmidt-Chanasit vom Bernhard-Nocht-Institut in Hamburg der Deutschen Presse-Agentur. Er sagt jedoch, dass dies durch einen freien Zugang zu den medizinischen Masken sowie durch Anweisungen zu deren korrekter Verwendung unterstützt werden müsse. „Ohne diese Angebote sehe ich das kritisch“, sagte er.

FFP2-Masken bieten nachweislich einen besseren Schutz als einfache OP-Masken, sagte Gérard Krause vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig, machte aber auch deutlich: „Eine ausreichende und faire Verfügbarkeit für alle ist für mich eine wesentliche Voraussetzung für diese Maßnahme.“

Linken-Vorsitzende Katja Kipping

Um zu verstehen, wie problematisch die neue Regelung möglicherweise werden könnte, ist es hilfreich, einen Blick auf die monatlichen Zulagen zu werfen, die Menschen gewährt werden, die die monatlichen langfristigen Sozialhilfezahlungen Deutschlands, im Volksmund Hartz IV genannt, beziehen. Im Zuschuss sind monatlich 17,02 Euro für Gesundheitskosten enthalten. Dazu gehört alles von Zahnpasta bis hin zu rezeptfreien Medikamenten und Hygieneartikeln. In Apotheken kosten FFP2-Masken zwischen 5 und 7 Euro pro Stück; in Drogerien bekommt man sie teilweise schon für 2 Euro; und im Internet können sie auch etwas günstiger sein. Die Masken können auch nicht wie andere Masken gewaschen werden und Virologen sagen, dass sie nach acht Stunden Gebrauch weggeworfen werden sollten. Menschen, die regelmäßig öffentliche Verkehrsmittel nutzen, müssten Vorräte anlegen, was nicht nur für diejenigen, die auf staatliche Unterstützung angewiesen sind, schnell das persönliche Budget belasten könnte.

Katja Kipping, Vorsitzende der Linkspartei, sagt, die neue bayerische Regelung sei eine schwere Belastung für ärmere Menschen. „In der Praxis bedeutet die Einführung einer FFP2-Maskenpflicht, ohne sie kostenlos zur Verfügung zu stellen, dass arme Menschen vollständig vom öffentlichen Leben ausgeschlossen werden“, sagte sie am Mittwoch der Nachrichtenagentur AFP.

In einem Interview mit dem BR forderte Ulrike Mascher, Leiterin der bayerischen Landesvertretung des Sozialverbandes VdK, „schnelle und unbürokratische Lösungen für die Beschaffung solcher Masken für Menschen mit geringem Einkommen“.

Auch Beatrix Zurek, Leiterin des Gesundheitsamtes der Landeshauptstadt München, hat sich für eine finanzielle Unterstützung ausgesprochen. „Ich finde es problematisch, dass bei solchen Entscheidungen die sozialen Aspekte außer Acht gelassen werden“, sagte Zurek im Gespräch mit dem BR. Betroffen seien nicht nur Sozialhilfeempfänger, sagte sie. Sie stellte fest, dass die als Reaktion auf die Coronavirus-Pandemie eingeführten Arbeitsurlaubsprogramme dazu geführt haben, dass viele Menschen nur noch über ein geringes verfügbares Einkommen verfügen.

Beatrix Zurek, Gesundheitsamt der Stadt München

Die Dringlichkeit dieser Anrufe könnte in den kommenden Tagen zunehmen. Kurz nachdem Söder die Entscheidung am Dienstag bekannt gegeben hatte, berichteten einige auf Twitter von langen Schlangen vor Münchner Apotheken. Darüber hinaus erhöhten Online-Shops prompt die Preise für FFP2-Masken oder meldeten, dass diese vorübergehend ausverkauft seien.

Im Internet seien zwar immer noch günstige FFP2-Masken zu finden, diese hätten aber oft nicht die gleiche Qualität wie in der Apotheke, sagte der deutsche Virologe Alexander Kekulé der Nachrichtenagentur DPA. „Billige Masken schließen oft nicht richtig an der Nase“, warnte er.

Die Landesregierung in Bayern scheint sich die Kritik zu Herzen zu nehmen. Am Mittwochnachmittag berichtete die DPA, dass Bayern Pläne zur kostenlosen Bereitstellung von 2 Millionen Masken an Bedürftige vorbereitet. Angesichts der Tatsache, dass es in Bayern fast 300.000 Langzeitsozialhilfeempfänger gibt, wird das auf Dauer nicht reichen, aber es ist ein Anfang.

Es gibt auch andere Hilfspläne. Die gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland haben auf Initiative der Bundesregierung damit begonnen, Gutscheine zu verschicken, die es Menschen aus Risikogruppen ermöglichen, in ihrer Apotheke vor Ort kostenlose FFP2-Masken zu erhalten. Ein Bundestagsabgeordneter mit politischer Verantwortung für medizinische Patienten im Land sagte, dass 34,1 Millionen Einwohner Deutschlands in den kommenden Tagen Post mit Gutscheinen erhalten sollten, die sie zum Bezug von 12 FFP2-Masken berechtigen.

Eine FFP2-Gesichtsmaske: